Das Dikasterium für die Glaubenslehre hat die Erklärung „Dignitas infinita über die menschliche Würde“ veröffentlicht. Mit bisher ungekannter Deutlichkeit erteilt es der Kriminalisierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, die viele katholische Bischofskonferenzen auch in jüngster Zeit unterstützten, eine lehramtliche Absage. Zwar bleibt unklar, ob dies auch auf homosexuelle Handlungen zu beziehen ist, doch zumindest die LSBTI-feindlichen Gesetze oder Gesetzesvorhaben wie in Uganda, Ghana oder Kenia werden damit implizit zurückgewiesen. „Endlich spricht sich der Vatikan deutlich für die Menschenwürde von Schwulen und Lesben aus. Dieser Schritt war lange überfällig. Die Unterstützung von Strafgesetzen durch katholische Bischöfe muss sofort beendet werden“, sagt Markus Gutfleisch, Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees.
Ein anhaltender Skandal ist dagegen die verzerrende Wiedergabe der Gender-Theorie, bei der der Vatikan keinerlei Lernfortschritte erkennen lässt. Nach wie vor kreist seine Argumentation um ein Bildnis der Gender-Theorie, das er selbst geschaffen hat. Das fehlende Gespräch mit trans, nicht binären und intergeschlechtlichen Personen und der humanwissenschaftlichen Forschung führt zu gravierenden Fehlern in der Bewertung. Schon die Überschrift „Geschlechtsumwandlung“ anstelle von „Geschlechtsangleichung“ signalisiert die Schwäche dieser Perspektive. Die Abschnitte zum Thema Transgeschlechtlichkeit werden der Komplexität des Themas in keiner Weise gerecht. Anstatt die Würde von trans Personen, die überall auf der Welt angegriffen wird, zu verteidigen, wirft die Kirche ‚den ersten Stein‘.
Aufgrund einer Hochschätzung der Würde des Körpers leitet die Erklärung ab, „dass jeder geschlechtsverändernde Eingriff in der Regel die Gefahr birgt, die einzigartige Würde zu bedrohen, die ein Mensch vom Moment der Empfängnis an besitzt.“ Die gewählten Formulierungen sind moderater als erwartet. Der grundlegende Fehler der Argumentation liegt jedoch in der Behauptung, eine Transition gehe zurück auf den Wunsch, „sich selbst zu Gott zu machen“. Schließlich ist für Menschen mit einer Geschlechtsdysphorie ein Leben ohne Verzweiflung und existenzielle Krisen meist nur möglich, wenn der Körper dem gefühlten Geschlecht so weit wie nötig angepasst wird.
Auch wenn der Titel dieses Dokuments („Unendliche Würde“) viel verheißt, verletzen einige Aussagen die Würde von Trans-Menschen sehr. Transitionen sind notwendig; sie retten das Leben vieler wunderbarer trans* Menschen und ermöglichen es ihnen, in Harmonie mit ihrem Körper, ihren Communities und mit Gott ein erfüllteres Leben zu führen.
Mara Klein vom Katholischen LSBT+ Komitee ergänzt: „Nach der ersten Lektüre bin ich voller Sorge um mich und meine trans Geschwister weltweit. Zusätzlich zur zunehmenden Feindseligkeit gegenüber unseren Gemeinschaften sind wir mit einer Kirche konfrontiert, die uns nicht zuhört und die sich weigert, die Schönheit der Schöpfung zu sehen, die in unseren Biografien zu finden ist“.