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Katholische Queers sind bitter enttäuscht

Pressemitteilung des Katholischen LSBT+ Komitees anlässlich des Scheiterns des Grundtexts „Leben in gelingenden Beziehungen – Wegmarken einer erneuerten Sexualethik“ an der Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe

Bei der Vierten Vollversammlung des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Deutschland wurde das Grundlagendokument „Leben in gelingenden Beziehungen – Wegmarken einer erneuerten Sexualethik“ in zweiter Lesung beraten. Für den Grundtext stimmten 83% der Mitglieder der Synodalversammlung. Mit nur 61% der Bischöfe verfehlte der Text allerdings die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe um vier Stimmen.

Die Ablehnung aufgrund des Neins von lediglich 21 Bischöfen ist aus Sicht des LSBT+ Komitees eine bittere Enttäuschung für alle, die sich sehnlichst Veränderungen erhofft hatten. Sie ist eine schmerzhafte Ohrfeige für alle, die sich in Kirche und Gesellschaft für die Akzeptanz und Gleichberechtigung von LSBT+ Personen einsetzen. Sie stellt vor allem eine erneute Zurückweisung der LSBT+ Personen selbst dar, die sich nun fragen müssen, ob sie dieser Kirche noch einmal ihr Vertrauen schenken können. Die Arbeit des Forums an dem Text und damit auch die vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit derart auflaufen zu lassen, wird jetzt viele Menschen an der Kirche verzweifeln lassen.

Nicht zuletzt die Initiative #OutInChurch hat im Januar 2022 gezeigt, welche enorme Schuldgeschichte die katholische Kirche auf sich geladen hat. Katholische Queer-Feindlichkeit zerstört Biografien und die psychische Gesundheit der von ihr Betroffenen.

Das Scheitern des Grundtextes zur Sexuallehre offenbart die Konstruktionsfehler des Synodalen Wegs, dessen Zukunft nun infrage steht. Bischöfe, denen offensichtlich die demokratischen und synodalen Kompetenzen fehlen, sich im Vorfeld einzubringen, haben letztlich die Macht, Reformvorschläge engagierter und gläubiger Katholik*innen und der reformwilligen Mehrheit der Bischöfe zu blockieren.

„Ich bin zutiefst enttäuscht über dieses Ergebnis,“ meint Veronika Gräwe, Co-Sprecherin des Katholischen LSBT+ Komitees. „Die Nein-Sager unter den Bischöfen haben sich offensichtlich nicht gefragt, was ihr Votum für queere Gläubige bedeutet und wieviel Hoffnung es zerstört hat. Die Bischofskonferenz muss uns jetzt erklären, warum wir in der Kirche bleiben sollen.“

„Zu viele Bischöfe leben offensichtlich abgespalten vom Volk Gottes in einem pastoralen Schisma. Die Bischöfe insgesamt waren schlecht vorbereitet und haben die zerstörerischen Konsequenzen für die Kirche nicht verstanden. Sie müssen sich sofort in Klausur begeben, bis sie eine tragfähige Lösung finden, mit der sie Lesben, Schwulen, Bisexuellen, ebenso wie trans und nicht-binären Menschen und allen, die wegen ihrer Sexualität unter der Kirche leiden, wieder unter die Augen treten können“, sagte Dr. Michael Brinkschröder, Co-Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees.

Auch mit Perspektive auf die Weltkirche ist das Votum der Bischöfe fatal. „Weltweit erleben queere Personen Verfolgung, die in vielen Fällen katholisch-religiös legitimiert wird. Die Ablehnung des Grundtextes zeigt auch, dass es für weltkirchliche Verantwortung keine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe gibt“, sagt Veronika Gräwe.